Bickenbach liegt etwa 15 km südlich von Darmstadt an der "Bergstraße", auf der schon die Römer in Richtung Heidelberg zogen. Der selbstständige Ort hat etwa 6200 Einwohner, die evangelische Gemeinde hat etwa 1800 Mitglieder. Bickenbach liegt verkehrsgünstig an der Bundesstraße und Autobahn und ist auch mit dem Zug gut erreichbar.
Viele Einwohner pendeln von Bickenbach aus Richtung Norden nach Darmstadt und Frankfurt sowie gen Süden nach Mannheim oder Heidelberg zu ihren Arbeitsplätzen. Der Ort hat einen alten Ortskern mit der Bachgasse, schön renovierten Fachwerkhäusern und dem ehemaligen Jagdschloss, aber auch Neubaugebiete.
Gemeindeprofil
Die Kirchengemeinde in Bickenbach bietet Interessierten und nach Sinn suchenden Menschen eine Heimat. Wir leben gemeinsam mit vielen ehrenamtlich engagierten Gemeindemitgliedern unseren Glauben. Viele Ehrenamtliche gestalten das Gemeindeleben eigenverantwortlich und bieten Menschen ein breites Angebot, wie z.B. die Männerkochgruppe, den Besuchskreis, mehrere Hauskreise, ein Literaturkreis und eine Gebetsgruppe für den Frieden.
Zudem gibt es drei Hauptamtliche. Zu je 50% arbeiten Eva und Christoph Kahlert als Pfarrerehepaar in unserer Kirchengemeinde und haben sich die Aufgabenbereiche aufgeteilt.
Außerdem kümmert sich Susan Philippi-Nest als Gemeindepädagogin um die Belange älterer Menschen und begleitet einen Besuchskreis.
Junge Familien haben wir besonders im Blick. In der Kirche gibt es eine Spielecke für die Kleinsten, es gibt einen Kinder- und Jugendchor, Mittwoch vormittags findet ein Krabbelkreis im Gemeindehaus statt und immer wieder finden (Familien-)Gottesdienste und Veranstaltungen für Kinder und Jugendliche in der Kirchengemeinde statt.
Christiane Sillus leitet zusammen mit Pfarrer Christoph Kahlert und vielen Teamern die Konfirmandenarbeit. Außerdem gibt es eine Jugendgruppe, die „Lila Sandhasen“, die auch zweimal im Jahr einen eigenen Gottesdienst vorbereitet und durchführt.
Darüber hinaus gibt es beim CVJM (christlicher Verein junger Menschen) verschiedene Angebote für Grundschulkinder (Jungschar), ein offener Jugendtreff, und eine Jugendgruppe für Mädchen.
Musikalisch Interessierten bietet die Gemeinde einen gemischten Kirchenchor, einen Jugendchor und einen Kinderchor. Jährlich führen die Kinder mehrere Musicals auf. Außerdem gibt es einen Flötenkreis.
In Haus- u. Gesprächskreisen werden gesellschaftliche und ethische Fragen und Fragen der eigenen Spiritualität und des Glaubens thematisiert.
Uns ist der Dialog mit kritischen Menschen wichtig. Wir setzen uns dafür ein, unseren Traum von einer offenen und zugleich gemeinschaftsfördernden Kirche zu verwirklichen, die unterschiedlichen Menschen gemäß ihrem Interesse einen Raum des Kontaktes und der Beteiligung bietet. Wir freuen uns über neue Gesichter, die unsere Gemeinde mit ihren Ideen und mit ihrer Offenheit und Ehrlichkeit bereichern und sich für die Menschen vor Ort und in der Welt einzusetzen. Und wir hoffen auf eine vom Geist Gottes bewegte Unruhe, die stets Neues wachsen lässt.
Der erste schriftliche Hinweis auf die Bickenbacher Kirche stammt aus dem Jahre 1130. Da das Kirchspiel zu damaliger Zeit sehr groß war, wird angenommen, dass die Kirchgründung schon weit vorher in vorkarolingischer Zeit liegt. Dafür spricht auch die Bedeutung des Adelsgeschlechts, nach dem Bickenbach benannt ist. Nach einer Urkunde von 1434 war die Kirche dem heiligen Stepahn geweiht.
Von der frühen Kirche ist nur bekannt, dass sie kleiner war als heute und die Glocken weithin berühmt waren. Sie wurde 1622 im 30-jährigen Krieg zerstört. Mit dem Wiederaufbau wurde schon 1623 begonnen. Da aber sowohl der Landgraf von Hessen wie auch der Graf von Erbach wegen leerer Kassen die nötigen Gelder nicht aufbrachten und versuchten, sich der Verantwortung zu entziehen, konnte in den nächsten 3 Jahren die Kirche nur im Rohbau wiederhergestellt werden. Der Innenausbau wurde im Laufe der nächsten Jahrzehnte nur mit wenig effektiven Einzelmaßnahmen vorgenommen. Der bedauernswerte Zustand der Kirche hielt fast zwei Jahrhunderte an und wurde durch große Sturmschäden 1720 wesentlich verschlimmert. Diese wurden zwar repariert, aber der schlechte Gesamtzustand der Kirche blieb.
Endlich wurde im Frühjahr 1808 der Kirchenbau in Angriff genommen. Außer dem Turm und der Giebelwand wurde alles abgerissen und eine neue größere Kirche gebaut, die ein Jahr später eingeweiht werden konnte. Von der Inneneinrichtung wurden nur die Orgel und das Kruzifix mit den Bildern von Maria und Johannes übernommen. Wegen strittiger Zuständigkeiten schleppt sich der Innenausbau auch diesmal hin und notwendige Maßnahmen werden nicht oder mit schlechtem Material durchgeführt. Die gründliche Instandsetzung erfolgt im Jahr 1892.
1904 wurde der ständige Streit um die Bau- und Unterhaltspflicht eindeutig gelöst. Der Staat zahlte der Kirchengemeinde eine Abfindung von 15.000 Reichsmark und das Kirchengebäude ging zusammen mit der Unterhaltspflicht in ihren Besitz über.
1966/67 wurde die Außenrenovierung und 1978 die Innenrenovierung durch die Kirchengemeinde durchgeführt. Dabei wurde das Dach mit alten Handstrichziegeln neu gedeckt. Und das Gerüst auch für einen neuen Außenanstrich, Arbeiten am Außenfundament und der Kirchturmuhr mitbenutzt. Mit der Innenrenovierung erhielt die Kirche das Aussehen, wie wir es heute kennen. Der Fußboden wurde um ca. 30 cm tiefer ausgehoben und ein neuer Betonfußboden und eine Fußbodenheizung eingebaut. Der Chorraum blieb um eine Stufe erhöht. Die Bänke rund um den Chor wurden durch Stühle ersetzt, um eine flexiblere Gestaltung zu bieten. Des Weiteren wurde der Windfang am Seiteneingang und eine neue Orgel eingebaut und umfangreiche Malerarbeiten durchgeführt.
Erneut wurde im Frühjahr 2005 die Sanierung des Kirchendachs in Angriff genommen. Undichtigkeiten im Dach und bereits sichtbare Folgeschäden im Kircheninnenraum machten die Sanierung notwendig. Diesmal wurden neue, qualitativ höherwertigere Biberschwanzziegel gewählt. Neben der Neueindeckung des Kirchendachs war die Überprüfung und Reparatur der Dachkonstruktion eine wichtige Maßnahme. Ebenfalls wurde zur nachhaltigen Verbesserung der Bausubstanz eine Wärmedämmung über der Decke des Kirchenraums eingebracht.
2007 wurde der Kirchraum komplett renoviert. Nicht nur die Wände erhielten einen neuen Anstrich, auch die Empore und die Orgel wurden mit Farbe und Blattgold verziert. Moderne Leuchten mit einer digitalen Lichtsteueranlage lassen den Raum im strahlendem Licht oder aber auch im gedämpften Glanz erscheinen. Eine Funk-Mikrofon-Anlage bietet heute viele Möglichkeiten. Mit Headsets und Ansteckmikros ausgestattet haben schon viele kleine und große Künstler die Besucher der Konzerte und Musicals erfreut.
Ute Dumman-Haag / Roderic Bechert
Von Claudia Stehle
BICKENBACH - Das Dachwerk der Bickenbacher Stephanskirche ist eines der wenigen Zeugnisse kirchlicher Bautätigkeit in der Zeit des Dreißigjährigen Kriegs zwischen 1618 und 1648. Dies wurde vor Kurzem durch eine dendrochronologische Untersuchung im Rahmen der Erfassung historischer Holzkonstruktionen von Kirchen und Betsälen im Bereich der EKHN festgestellt.
Diesen Befund machte jetzt Andreas Fetzer vom Kirchengemeindevorstand öffentlich. „Untersucht wurden dabei durch ein Fachlabor im Auftrag des Baugutachters Hans-Hermann Reck (Wiesbaden) Bohrkerne von Hölzern, die dem originalen Abbund des Dachwerks zugehören“, sagt Fetzer. Bei zwei Proben handle es sich nachweislich um Tannenholz, die dritte Probe stamme dagegen von einer Fichte.
Von den zwei Tannenholzproben konnte eine sicher datiert werden. Beide Tannen sind zwischen 1576 bzw. 1558 bis in den Winter 1628/29 gewachsen, eine der Tannen wurde in diesem Winter gefällt, für die andere wird ebenfalls die Fällung, wenn auch mit Vorbehalt, auf diesen Winter datiert. Die Probe aus dem Fichtenbalken konnte nicht datiert werden.
„Das Ergebnis reicht aber den Experten aus, um die Entstehung des Turmdachs unserer Kirche auf die Zeit nach 1622 zuzuordnen“, sagt Fetzer. Das Holz ist offenbar nicht vor dem Einbau in den Kirchturm geflößt worden, da dafür jegliche Spuren fehlen, daher könne man annehmen, dass es aus der Region stamme. Diese Ergebnisse stehen in einem gewissen Widerspruch zur bisherigen Chronologie der Stephanskirche, wie Fetzer weiter berichtet. So wurde beim Bau der heutigen Kirche 1808/09 der vorhandene Westturm der Vorgängerkirche aus dem Ende des 15. Jahrhunderts beibehalten, dessen untere Geschosse spätgotische Formen aufweisen, während die oberen Geschosse einer späteren Bauzeit nach der Gotik zugeordnet werden.
Im Dreißigjährigen Krieg wurden in Bickenbach beim Rückzug der Mansfeldischen Truppen am Himmelfahrtstag 1622 sowohl die Kirche und das Pfarrhaus als auch an die 20 Wohngebäude in Brand gesteckt, vermutlich durch kroatische Truppen des katholischen Feldherrn Tilly. Dabei blieben die Außenmauern des Turms erhalten, sein Dach und der Glockenstuhl verbrannten jedoch, wie es zur Baugeschichte in der Dorfchronik „Bickenbach uffm Sand“ zu lesen ist. Schon im Folgejahr begannen die Bickenbacher mit dem Aufbau ihrer Kirche, der sich wegen fehlender finanzieller Unterstützung durch den durch die Kriegsfolgen geschädigten Landgrafen als Landesherrn hinzog.
Im Baubuch des Wilhelm Diehl wird zwar davon berichtet, dass die Kirche 1625 im Rohbau fertig- und der Turm wieder hergestellt worden sei. Diesen Angaben widersprechen nun aber die Ergebnisse der in diesem Sommer vorgenommenen Untersuchung der Turmhölzer, die für einen späteren Zeitpunkt um 1629 für die Herstellung des Turms und die Aufrichtung seines sehr steilen achtseitigen Zeltdachs sprechen. „Man sollte in diesem Zusammenhang einmal untersuchen, welchen Einfluss der damalige Bickenbacher Schultheiß Hans Quick, der zwischen 1627 und 1632 dieses Amt innehatte, möglicherweise auf den Bau der Kirche genommen hat“, regt Andreas Fetzer an und verweist auf Spenden wie Glocke und Kanzel, die Quick dieser Kirche zukommen ließ.
Der Bickenbacher Schultheiß Hans Quick war ein echter Wohltäter seiner Gemeinde. Nicht nur, dass er der Kirche eine Glocke und eine Kanzel gespendet hatte, sondern er übergab ihr in seinem Todesjahr zwei Kannen für die Kommunion und hinterließ testamentarisch eine Stiftung für die Bickenbacher Schule und die Armen in der Gemeinde.
Diese Stiftung überdauerte die Jahrhunderte. Erst die Geldentwertung nach dem Zweiten Weltkrieg führte 1962 zu ihrer Auflösung. An Hans Quick erinnert heute noch die Bickenbacher Grundschule, die nach ihm benannt ist. (steh)
Die älteste Glocke ist die mittlere. Sie wurde1628, also im dreißigjährigen Krieg gegossen, nachdem beim Brand der Kirche 1622 die vorhandenen Glocken zerstört worden waren. Ihre Inschrift lautet: „Gregorius Hassiae princeps FF mense Majo 1628. M. David Stumpffius. Praetor Johannes Quickius“ - übersetzt: „Georg Fürst zu Hessen ließ mich machen im Mai 1628. Magister David Stumpff. Schultheiß Johannes Quick.“ Außerdem sind auf der Glocke noch Wappen und Kreuz angebracht. Diese Glocke bekam einen Sprung am Rande, so dass der Schmied Jakob Bröher ein Stück herausbohren musste, das seitdem fehlt. Das ist vor 1840 geschehen, denn das ist das Sterbejahr des Schmiedes. Seitdem klingt die Glocke nicht mehr ganz rein.
Die zweite, größte Glocke wurde 1631 von Hans Quick und seiner Frau Anna Marie gestiftet. Die Sage berichtet, dass die Stifterin beim Guss eine ganze Schürze voll Krontaler in die Schmelze geworfen hat. Die jetzt im Turm vorhandene große Glocke ist aber nicht mehr die originale, denn durch unvorsichtiges Läuten bekam sie einen Sprung und musste 1847 umgegossen werden, wobei sie von ihren 1353 Pfund 99 verlor. Sie trägt die Inschrift: „Hanns Quick, Schultheiß und seine Hausfrau Anna Marie haben mich hierher machen lassen. 3. April 1831.“ Nach dem Umguss wurde zusätzlich angebracht: „Umgegossen für die Gemeinde Bickenbach Karl Otto in Mainz. Töne lange zum Lobe Gottes und zum Segen derer, die deinem Ruf folgen.“ Auch auf dieser Glocke sind noch Wappen und Kruzifixe angebracht. Im 2. Weltkrieg (1942) musste diese Glocke abgeliefert werden. Zum Glück ist ihr das Los erspart geblieben, als Kanonenrohr zu enden, sie kam 1947 wieder zurück. An dieser Glocke schlägt übrigens ein Hammer die Stunden.
Der Glockenstuhl war schon immer für drei Glocken eingerichtet gewesen, es fehlte eine kleine. Eine dritte Glocke wurde aber erst 1885 von dem kinderlosen Johann Philipp Ahl nach dem Tode seiner Frau gestiftet. Sie trug die Inschrift: „Wer meinem Rufe folgt, wird nicht zu Schanden werden. Stiftung von Johann Philipp Ahl I., geboren 1805, für die Kirchengemeinde Bickenbach. Mich goß Andreas Hamm zu Frankenthal, Gießer der Kölner Kaiserglocke.“ Diese Glocke musste im ersten Weltkrieg abgeliefert werden. Erst 1937 wurde wieder eine dritte Glocke gestiftet von Katharina Rau geborene Leichtweiß; gegossen wurde sie bei Gebr. Rincker in Sinn. Dieser Glocke war kein langes Leben beschieden, sie musste im 2. Weltkrieg abgeliefert werden und kam nicht mehr zurück. Die jetzige kleinste Glocke ist der Spendenfreudigkeit Bickenbacher Bürger zu verdanken und dem Sammeleifer der Frau des damaligen Pfarrers Dr. Hild. Sie wurde 1953 bei Gebr. Rincker in Sinn gegossen und trägt die Inschrift: „Ich bin die dritte Glocke im Turm. Meine Schwestern raubte der Kriege Sturm. O Land, Land, Land, höre des Herren Wort! Gestiftet von der Gemeinde Bickenbach und ehemaligen Bürgern der Gemeinde in Amerika.“ Das Bibelwort in der Inschrift ist aus Jeremia 22, 29. Im vergangenen Jahr 2003 waren es zur Kerb genau 50 Jahre seit der Weihe, und wir haben in einem „etwas anderen“ Gottesdienst daran erinnert.
1961 hat die bürgerliche Gemeinde eine elektrische Läuteanlage angeschafft, so dass nun wohl keine Sprünge in den Glocken mehr durch „unvorsichtiges Läuten“ zu befürchten sind. Allerdings sind die Glocken auch ein erheblicher Kostenfaktor für die Kirchengemeinde: jährlich muss eine Glockenwartung durchgeführt werden, und meistens ist etwas zu erneuern. So sind die Klöppel mit dickem Leder aufgehängt, das nicht ewig hält, und vor einigen Jahren ist ein Klöppel in seiner Aufhängung gebrochen und musste erneuert werden.
Werktags um 10 und 11 Uhr und um 17 Uhr, am Samstag um 18 Uhr zur Einleitung des Sonntags, und dann sonntags um 9 Uhr, 9.30 und vor 10 Uhr zum Gottesdienst, zum Vaterunser, sowie zu Hochzeiten, Begräbnissen und anderen kirchlichen Veranstaltungen.
Das 10- und 17-Uhr-Läuten scheint noch aus der Zeit des dreißigjährigen Krieges als Aufruf zum Friedensgebet zu stammen. In „alten Zeiten“ wurde um 4 Uhr, 11 Uhr und 20 Uhr geläutet. Ab 1594 wurde dann um 12 Uhr zum Gebet gegen die drohende Türkengefahr geläutet.
Was läuten nach dem Volksmund die Glocken? „Der Sand ist mein bis an den Rhein“.
Quellen: Chronik von Pfr. Göhrs (Bickenbacher Magazin 1996, Heft 59), Festschrift zur Wiedereinweihung der Kirche nach der Renovierung 1979 (Pfr. Koch), Chronik „Bickenbach uffm Sand“.
Martin Müller
»Horch — von fern ein leiser Glockenton" könnte es in einem Frühlingslied geheißen haben. Ob wir unsere Glocken leise oder laut wahrnehmen, hängt von unserem Standpunkt ab — und woher der Wind weht. Aber was wissen wir überhaupt von unseren Glocken?
Schon 1555 sind 2 Glocken erwähnt, sie müssen einen wunderbaren Klang gehabt haben. Bei einem Brand 1622 sind sie zerborsten, aus ihren Resten und Mitteln des Landgrafen wurde unsere zweitgrößte Glocke gegossen. Diese Glocke hängt noch heute im Turm, leider ist nach einem Sprung eine Ecke herausgebrochen, das hat den Klang verändert. Eine zweite, größere Glocke stifteten 1631 der damalige Schultheiß Johannes (Hans) Quick und seine Frau. Sie hat alle bisherigen Kriege überstanden. Erst 1885 bekam Bickenbach eine dritte Glocke, von Joh. Philipp Ahl gestiftet. Im 1. Weltkrieg musste diese Glocke abgegeben werden. 1937 gab es wieder eine 3. Glocke, gestiftet von der Witwe Katharina Rau geb. Leichtweiß (ihr Grabstein ist noch auf dem Friedhof zu sehen). Sie kostete 821 Mark.
Im 2. Weltkrieg musste wieder die kleine Glocke abgeliefert werden, diesmal aber zusätzlich auch die größte — die Quick-Glocke. Vielleicht können sich die Älteren unter uns noch daran erinnern. Die große kehrte 1947 unversehrt zurück. Erst 1953 war das Geld für eine neue 3. Glocke zusammengekommen, eine Haussammlung, von Frau Pfarrer Hild veranstaltet, erbrachte 1575 DM, ehemalige Bürger der Gemeinde, jetzt in Amerika lebend, beteiligten sich daran, insgesamt waren 2700 DM nötig. Damit hatte Bickenbach wieder ein 3-stimmiges Geläut.
Nun zu der oft gestellten Frage: Warum läuten die Glocken zu bestimmten Zeiten? Anfangs ertönten die Glocken früh um 4 Uhr, mittags um 11 Uhr und abends um 20 Uhr, sie gaben also sicher für die bäuerlich geprägte Gemeinde Beginn, Pausen und Ende des Arbeitstags vor, Uhren gab es ja noch nicht. Um 1594 wurde das Läuten um 12 Uhr angeordnet als Aufforderung zum Gebet gegen die drohende Türkengefahr. Und schließlich wurde 1631 im 30-jährigen Krieg das Läuten um 10 Uhr vormittags und um 17 Uhr nachmittags eingeführt als Aufforderung zum Gebet für den Frieden. Diese Läutezeiten — 10 Uhr, 11 Uhr und 17 Uhr, sind bis heute erhalten geblieben. Vielleicht sollten wir uns zumindest um 10 Uhr und 17 Uhr an den ursprünglichen Anlass — das Gebet für den Frieden — erinnern lassen. Am Samstag wird dann um 18 Uhr der Sonntag eingeläutet. Und natürlich hören wir die Glocken auch zu den Gottes-diensten, bei Trauungen und Sterbefällen.
Interessant ist auch: Wie schwer ist so eine Glocke? Von der großen Glocke wissen wir, dass sie 1353 Pfund wog und beim Umguss nach einem Sprung 99 Pfund verloren hatte. Und wer hatte für das Läuten (natürlich per Hand, erst 1961 wurde eine elektrische Läuteanlage angeschafft) zu sorgen? Es gab schon immer einen „Glöckner'; seine Vergütung bestand im eigenen Ackerland, in Naturalien, bei besonderen Anlässen gab es auch Geld, und er hatte Freiheit von verschiedenen Zahlungen an die Gemeinde. Später waren auch Gemeindeglieder am Läuten beteiligt. Während meiner Küsterzeit habe ich oft beim Läuten von älteren Einwohnern gehört: „Das hab' ich früher auch gemacht". Ich nehme an, dass das Läuten vor dem Gottesdienst über viele Jahre von den Konfirmanden übernommen wurde, die wohl auch ihren Spaß an dem Schwingen am Glockenseil gehabt hatten.
Gisela Felber
Text: Birgit Köhler-Günther, Fotos: Oskar Günther
Wer in der Kirche von unten auf die Empore über dem Altar schaut, sieht die Vorderseite der früheren Barockorgel von 1705. An drei Stellen der schön verzierten Vorderseite (Prospekt) der Orgel sind gut sichtbar verschiedene Pfeifen aufgereiht: diese Orgelpfeifen sind aber nur Attrappen.
Alle Orgelpfeifen, aus denen die Töne kommen, stehen im durchlässigen Gehäuse, in das man auch von der Empore aus hineinschauen kann.
1905 hat der Orgelbauer Walcker aus Ludwigsburg für 4.200 Mark die zweite modernere Orgel errichtet und die Subbaß-Pfeifen der alten Barockorgel übernommen. Die heutige Orgel baute die Berliner Orgelbaufirma Schuke 1977 für 120.000 DM.
Der Spieltisch unserer Orgel hat zwei Tastenreihen (Manuale von manus = die Hand) und damit zweimal 56 Tasten. Die sind offen und gut zu sehen, also nicht mit einer Klappe verschlossen, wie bei manchen anderen Orgeln oder beim Klavier.
Die Orgel ist ein Blasinstrument und braucht Luft, um einen Ton zu erzeugen.
(Bei den alten Orgeln wurde die Luft mit einem großen Blasebalg erzeugt, heute macht das ein Elektromotor.) Die Luft (Wind) wir dann in vielen Kanälen zu den Pfeifen geleitet. Aber eine Orgelpfeife ertönt erst dann, wenn der Zugang zu einer Orgel-Pfeifenreihe (mit einem Hebel / Register) geöffnet wird. Wenn viele Register gleichzeitig gezogen sind, ertönt die Orgel wie ein Orchester oder ein Chor von Blasinstrumenten.
Unsere Orgel hat 15 Register, (eine Reihe vom tiefsten bis zum höchsten Ton) von Pfeifen der gleichen Bauart, Klangfarbe und Lautstärke. Es gibt Orgelpfeifen aus Zinn, Bleilegierungen, Metall und Holz. Ein einzelner Orgelregister kostet (als Neubau je nach Größe, Material und Bauart) derzeit zwischen 5.000 und 20.000 Euro.
Zwischen dem 12. und 15. Jhd. entwickelte sich die Orgel zum Hauptinstrument der christlichen Liturgie. Die ersten Orgeln dienten mehr dem Vor- und Nachspiel oder Zwischenspiel.
Die Gemeinde wechselte sich mit dem Chor oder mit einzelnen Vorsängern bei den liturgischen Gesängen ab. Erst als sich im 17. Jhd. im dreißigjährigen Krieg viele Chöre auflösten, war man gezwungen, die Chorstimmen mit der Orgel zu spielen und so den Gemeindegesang zu stützen.
Der Kirchturm hat Zifferblätter der Turmuhr nach drei Seiten. Die Zeiger sind über ein Gestänge gekuppelt und werden im Minutentakt weitergeschaltet. Den Takt gibt eine Funkuhr. Diese steuert auch den Stundenschlag zur vollen und halben Stunde. Tagsüber erfolgt der Stundenschlag auf der großen Glocke, nachts auf der kleinen (Immisionsschutzgesetz - Schall ist Umweltverschmutzung!).
Auch das Läuten der Glocken wird von der Funkuhr gesteuert.
Eine alte mechanische Uhr ist im Heimatmuseum Bickenbach ausgestellt.